Juristische Fachkommentierung

der Rechtsanwältin und Mitverfasserin des Gesetzes zum Erhalt des Tempelhofer Feldes (ThF-Gesetz) vom 14. Juni 2014 Doris Hartje zu §7 Abs. 2 Nr. 6 ThFG (Fliegende Bauten)

§ 7 Genehmigungspflicht

(1) Über das Maß üblicher und auch typischer Freizeit- und Erholungsnutzung des Tempelhofer Feldes wesentlich hinausgehende Veranstaltungen und Vorhaben bedürfen der Genehmigung und sind ausschließlich auf dem Äußeren Wiesenring zulässig. Die Genehmigung bedarf eines schriftlichen Antrages bei der für den Naturschutz zuständigen
Senatsverwaltung.

(2) Ausschließlich auf dem Äußeren Wiesenring und den darin befindlichen sonstigen
Flächen sind folgende Vorhaben zur Unterstützung der Freizeit- und Erholungsnutzung und
der Unterstützung der Naturhaushaltsfunktionen zulässig, soweit sie nach Absatz 3
genehmigt sind:

  1. Die bauliche Anlage ungedeckter Sportflächen,
  2.  die dauerhafte Möblierung mit Sitzgelegenheiten, Tischen und Abfallbehältern,
  3. die Errichtung und der Betrieb von sanitären Anlagen,
  4.  die Errichtung von unbeleuchteten Hinweiszeichen zum Zwecke der Wegweisung und zur nicht gewerblichen Information,
  5. die Errichtung und der Betrieb einer Beleuchtung von Wegen, soweit diese befestigt sind,
  6. die Errichtung von Fliegenden Bauten,
  7. die dezentrale Versickerung von gering verschmutztem Niederschlagswasser von Dachflächen und vom Vorfeld des Flughafens,
  8. das Verlegen und Betreiben von unterirdischen Ver- und Entsorgungsleitungen für die oben genannten Zwecke,
  9. der Einsatz motorisierter Fahrzeuge für die oben genannten Zwecke und zur Versorgung mit Lebensmitteln,
  10. Allmende-Nutzungen gemäß Anlage 3.

(3) Eine Genehmigung kann nur dann von der für den Naturschutz zuständigen Senatsverwaltung erteilt werden, wenn eine Veranstaltung oder ein Vorhaben dem Schutz des Tempelhofer Feldes im Sinne dieses Gesetzes nicht widerspricht.

(4) Mit den Zielen dieses Gesetzes vereinbar und insofern frei von einer Genehmigungspflicht nach Absatz 1 sind:

  1. Bauliche Maßnahmen zur Erhaltung von Gebäuden, Bauwerken und baulichen Anlagenund deren Einfriedungen und Einzäunungen, die im Zeitpunkt der Öffnung des Tempelhofer Feldes für die Öffentlichkeit am 8. Mai 2010 bereits bestanden haben,
  2. Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Konversionsflächen, die Pflanzung von solitären Obstbäumen und solitären Flurgehölzen im Äußeren Wiesenring,
  3. die dezentrale Versickerung von gering verschmutztem Niederschlagswasser von Dachflächen und vom Vorfeld des Flughafens,
  4. der angemessene Einsatz motorisierter Fahrzeuge im Rahmen einer sachgerechten Pflege und/oder zur Aufsicht.

Fliegenden Bauten i. S. d. § 7 Abs. 2 Nr. 6 sind: bauliche Anlagen, die geeignet und bestimmt sind, an verschiedenen Orten wiederholt aufgestellt und zerlegt zu werden. Baustelleneinrichtungen u. Baugerüste sind keine Fliegenden Bauten {§76Abs.1BauO Bln}. Sie bedürfen, bevor sie erstmals aufgestellt und in Gebrauch genommen werden, einer Ausführungsgenehmigung. Dies gilt nicht für fliegende Bauten mit einer Höhe bis zu 5 m, die nicht dazu bestimmt sind, von Besucherinnen und Besuchern betreten zu werden, 2. Fliegende Bauten mit einer Höhe bis zu 5 m, die für Kinder betrieben werden und eine Geschwindigkeit von höchstens 1 m/s haben, 3. Bühnen, die Fliegende Bauten sind, einschließlich Überdachungen und sonstiger Aufbauten mit einer Höhe bis zu 5 m, mit einer Brutto-Grundfläche bis zu 100 m² und einer Fußbodenhöhe bis zu 1,50 m, 4. erdgeschossige Zelte und betretbare Verkaufsstände, die Fliegende Bauten sind, jeweils mit  einer Grundfläche bis zu 75 m², 5. aufblasbare Spielgeräte mit einer Höhe des betretbaren Bereichs von bis zu 5 Meter oder mit überdachten Bereichen, bei denen die Entfernung zum Ausgang nicht mehr als 3 Meter, sofern ein Absinken der Überdachung konstruktiv verhindert wird, nicht mehr als 10 Meter, beträgt. {§76Abs.2BauO Bln} Fliegende Bauten, die nach Absatz 2 Satz 1 einer Ausführungsgenehmigung bedürfen, dürfen unbeschadet anderer Vorschriften nur in Gebrauch genommen werden, wenn ihre Aufstellung der Bauaufsichtsbehörde des Aufstellungsortes unter Vorlage des Prüfbuches angezeigt ist. Die Bauaufsichtsbehörde kann die Inbetriebnahme dieser Fliegenden Bauten von einer Gebrauchsabnahme abhängig machen. Das Ergebnis der Abnahme ist in das Prüfbuch einzutragen. In der Ausführungsgenehmigung kann bestimmt werden, dass Anzeigen nach Satz 1 nicht erforderlich sind, wenn eine Gefährdung im Sinne des § 3 Abs. 1 BauO Bln. nicht zu erwarten ist {§76Abs.6BauO Bln}. Die für die Erteilung der Gebrauchsabnahme zuständige Bauaufsichtsbehörde kann Auflagen machen oder die Aufstellung oder den Gebrauch Fliegender Bauten untersagen, soweit dies nach den örtlichen Verhältnissen oder zur Abwehr von Gefahren erforderlich ist, insbesondere weil die Betriebssicherheit oder Standsicherheit nicht oder nicht mehr gewährleistet ist oder weil von der  Ausführungsgenehmigung abgewichen wird. Wird die Aufstellung oder der Gebrauch untersagt, ist dies in das Prüfbuch einzutragen. Die ausstellende Behörde ist zu benachrichtigen, das Prüfbuch ist einzuziehen und der ausstellenden Behörde zuzuleiten, wenn die Herstellung ordnungsgemäßer Zustände innerhalb angemessener Frist nicht zu erwarten ist. {§76Abs.7BauO Bln}. Bei Fliegenden Bauten, die von Besucherinnen und Besuchern betreten und längere Zeit an einem Aufstellungsort betrieben werden, kann die für die Gebrauchsabnahme zuständige Bauaufsichtsbehörde aus Gründen der Sicherheit Nachabnahmen durchführen. Das Ergebnis der Nachabnahme ist in das Prüfbuch einzutragen. {§76Abs.7BauO Bln} Fliegende Bauten sind nach § 69 Abs. 1 Satz 1 LBO bauliche Anlagen, die geeignet und bestimmt sind, an verschiedenen Orten aufgestellt und abgebaut zu werden. Die Formulierung „geeignet und bestimmt“ macht deutlich, dass nach der gesetzlichen Begriffsbestimmung des fliegenden Bauwerks dieses nicht nur nach seiner Konstruktion für wiederholte Auf- und Abbauten geeignet sein muss, sondern dass der Bauherr auch die Absicht haben muss, die Anlage in einer unbestimmten Anzahl von Fällen innerhalb eines überschaubaren Zeitraums an verschiedenen Orten aufzustellen und abzubauen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 11.04.1990 – 3 S 676/90 -, juris, m.w.N.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 02.11.2011 – OVG 10 S 28.11 -; HessVGH, Beschl. v. 27.01.1985 – 4 TH 277/84 -, juris; Thür.OVG, Beschl. v. 27.06.1996 – 1 EO 425/95 -, juris). Eine aus Zelten bestehende Gesamtanlage zählt nicht zu den verfahrensfreien Vorhaben im Sinne des § 62 BauO Bln (juris: BauO BE). Das für einen Fliegenden Bau wesentliche Merkmal des Fehlens einer festen Beziehung der Anlage zu einem Grundstück liegt nicht vor, wenn eine Anlage – mag sie auch von Ihrer Konstruktionsweise her als Fliegender Bau in Betracht kommen – dauernd oder langfristig auf demselben Platz aufgestellt wird (vgl. OVG Berlin- Brandenburg, 2011-08-15, OVG 2 S 54.11). {Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 02. November 2011 – OVG 10 S 28.11 –, juris}. Ungeachtet der objektiven Eignung der Leichtbauhalle, an verschiedenen Orten wiederholt aufgestellt und zerlegt zu werden, kommt dieser jedenfalls subjektiv diese Bestimmung nicht zu, weil nach der aus der bisherigen Handhabung der Antragsteller abzuleitenden Zweckbestimmung der Anlage jedenfalls kein ständig sich wiederholender Auf- und Abbau an verschiedenen und auch wieder gleichen Orten vorgesehen ist (vgl. hierzu OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 15. Juni 2009, a.a.O.)
{Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 02. November 2011 – OVG 10 S 28.11 –, juris}